Normung
Maßnahmen zum baulichen Wärmeschutz und energieeffiziente Heizungsanlagen haben einen hohen Standard erreicht. Zum gesunden und behaglichen Wohnen gehört auch ein angemessener Außenluftwechsel und damit automatisch eine entsprechende Energiemenge. Diesem Umstand wird noch nicht die angemessene Beachtung geschenkt. Im Gegenteil, man ist sehr oft der Meinung, dass man nur die Lüftungsraten weiter absenken muss, um zusätzliche Energie einzusparen, ohne an die negativen Folgen für die Bewohner zu denken.
Die DIN 1946 Teil 6 beschreibt zusammen mit den Methoden der EnEV (DIN 4701–10 und DIN V 18599) eine gute gesamtheitliche Grundlage, um diese Fragen für die nähere Zukunft zu bewerten und um zu sinnvollen Ergebnissen zu kommen. Sie bedeutet eine weitere Rechtssicherheit für alle Beteiligten.
Sicherstellung des richtigen Außenluftvolumenstroms
Neben den Aspekten der Energieeffizienz und der Nutzung von Regenerativen Energien ist die Sicherstellung eines hygienisch ausreichenden Außenluftwechsels eine zentrale Aufgabe für den Gebäudeplaner und den planerisch tätigen Fachbetrieb. Die notwendige Lüftung muss dafür sorgen, dass zu hohe Raumluftfeuchtigkeit, Gerüche, Schadstoffe und CO2 sicher abgeführt werden. Gerade bei der Sanierung wird auf eine ausreichende Lüftung wenig geachtet, weil der bauliche Wärmschutz, die Fenster, die Luftdichtigkeit und die Heizungsanlage im Vordergrund stehen. Eine ausreichende Lüftung über die Gebäudeundichtigkeiten ist deshalb nicht mehr automatisch sichergestellt. Auch sind die Bewohner normalerweise nicht in der Lage, die energetisch und hygienisch richtigen Lüftungsraten zu erkennen und entsprechend zu handeln. Die Energieeinsparverordnung (EnEV) fordert in der aktuell gültigen Fassung: „Zu errichtende Gebäude sind so auszuführen, dass der zum Zwecke der Gesundheit und Beheizung erforderliche Mindestluftwechsel sichergestellt ist.“ Wie dieser Nachweis zu erbringen ist, ist zunächst nicht weiter geregelt. Sicher ist an dieser Stelle, dass die Behauptung, dies sei durch manuelles Öffnen der Fenster erledigt, für die aktuelle Bauweise und die Energieanforderungen grundsätzlich nicht richtig ist. Nicht zu sprechen von Gerichtsurteilen, die ausführen, dass ein Wohngebäude nutzerunabhängig bewohnbar sein muss. Insbesondere im Mietwohnungsbau müssen die Bewohner auf die Maßnahmen zur Sicherstellung einer ausreichenden Lüftung hingewiesen und gegebenenfalls vertraglich dazu aufgefordert werden. Treten Schäden durch mangelhafte Fensterlüftung auf, ist der Bauherr im Allgemeinen dennoch in der Nachweispflicht; er sollte sich also von Anfang an mit dem Mieter über geeignete Lüftungsmaßnahmen verständigen oder den Bau und die Gebäudetechnik so ausführen, dass derartige Schäden durch mangelhaftes Fensterlüften unabhängig vom Nutzer verhindert werden.
Der Einbau von lüftungstechnischen Maßnahmen ist deshalb heute im Neubau als Pflicht anzusehen.Die Inhalte der DIN 1946 Teil 6
Die DIN 1946 Teil 6 Lüftung von Wohnungen – Allgemeine Anforderungen zur Bemessung, Ausführung und Kennzeichnung von Lüftungsanlagen mit dem dort dokumentierten Lüftungskonzept ist als Nachweisverfahren für die Notwendigkeit einer lüftungstechnischen Maßnahme geeignet. Damit können alle am Bau beteiligten Parteien nachweisen, wie eine ausreichende nutzerunabhängige Lüftung sichergestellt wird. In dieser Norm werden natürliche Konzepte und ventilatorgestützte Systeme für die Wohnungslüftung gemeinsam und ganzheitlich behandelt.
Abbildung: Systeme für die Wohnungslüftung
Fensterlüfter (Fensterintegrierte Lüftungssysteme für Feuchteschutzlüftung; für die Sicherstellung des Mindestluftwechsels nach EnEV ist eine Nutzerunterstützung durch aktives Öffnen der Fenster erforderlich)
• Quer‑, Schacht- und Auftriebslüftung über Außenwand-Luftdurchlässe
• Abluftsysteme
• Zuluftsysteme
• Zu- und Abluftsysteme
Es werden Anforderungen an die Bemessung, die Ausführung, die Dokumentation, an den Betrieb und die Instandhaltung gestellt. Berücksichtigt werden die Aspekte der Funktion, der Sicherheit, der Hygiene und der Akustik. Zur Erfüllung dieser Anforderungen können dann nach europäischer Norm geprüfte Produkte verwendet werden, oder Produkte, die verbesserte Eigenschaften haben. Die aktuellen Rahmenbedingungen in den technischen Förderbedingungen (z. B. KfW-Förderprogramme) berücksichtigen diese Kennzeichnungskriterien. Eine Fachunternehmererklärung zusammen mit einem Herstellernachweis für die Geräte reicht zum Nachweis meist aus.
Welche Einflussgrößen berücksichtigt die DIN 1946 Teil 6?
Der wirksame Außenluftvolumenstrom, der für die Wohnungslüftung notwendig ist, wird vollständig definiert. Er berücksichtigt die Anteile:
• freie Lüftung
• ventilatorgestützte Lüftung
• Infiltration
• aktives Fensteröffnen (darf nicht zur Sicherstellung der Feuchteschutzlüftung verwendet werden)
Die Verbrennungsluft für raumluftabhängige Feuerstätten wird in dieser Norm nicht betrachtet.
Lüftungsarten
Lüftung zum Feuchteschutz
Nutzerunabhängige Lüftung (Minimalbetrieb), die in Abhängigkeit vom Wärmeschutzniveau des Gebäudes unter üblichen Nutzungsbedingungen (Feuchtelasten, Raumtemperaturen) die Vermeidung von Schimmelpilz- und Feuchteschäden im Gebäude zum Ziel hat. Die Lüftung zum Feuchteschutz ist entscheidend für die Notwendigkeit einer lüftungstechnischen Maßnahme in Abhängigkeit der Gebäudedichtheit.Reduzierte Lüftung
Nutzerunabhängige Lüftung, die zum Beispiel unter üblichen Nutzungsbedingungen bei zeitweiliger Abwesenheit (Feuchte- und Schadstofflasten) Mindestanforderungen an die Raumluftqualität erfüllt.Nennlüftung
Notwendige Lüftung zur Gewährleistung des Bautenschutzes sowie der hygienischen und gesundheitlichen Erfordernisse bei plangemäßer Nutzung (Normalbetrieb). Diese Stufe ist die Basis für die Auslegung.Intensivlüftung
Zeitweilig notwendige erhöhte Lüftung zum Abbau von Lastspitzen.Auslegung von lüftungstechnischen Maßnahmen
Die DIN 1946 Teil 6 definiert die notwendigen Zu- und Abluftvolumenströme in Abhängigkeit der Flächen bzw. in Abhängigkeit der Nutzung (Küche, Bad, WC etc.) und des Zustandes des Wärmeschutzes und stellt sicher, dass Lüftungsanlagen hygienisch, energetisch und schalltechnisch korrekt geplant, installiert und betrieben werden. Hygieniker, Planer, Prüfstellen und Gerätehersteller haben die DIN 1946 Teil 6 für Wohnungslüftungsanlagen gemeinsam bearbeitet und auch bei allen Fragen der Hygiene von Anlagen auf den neuesten Stand gebracht.
Der Kunde kann sich für sogenannte Standardanlagen entscheiden, bei denen die Mindestanforderungen an Hygiene, Energieeffizienz oder Akustik eingehalten werden, oder er kann sich in einzelnen Aspekten für verbesserte Eigenschaften entscheiden, die für ihn individuell besonders wichtig sind.
Auf Basis der DIN 1946 Teil 6 kann der Fachbetrieb eine Wohnungslüftungsanlage liefern und installieren. Vorgaben für die Abnahme- und Übergabeprotokolle machen es dem Kunden einfach, den Anlagenzustand zusammen mit dem Fachbetrieb zu bewerten. Eine entsprechende Kennzeichnung der Anlage dokumentiert, dass die Anforderungen eingehalten wurden und später bei Instandsetzungsarbeiten auch in entsprechender Qualität wieder ersetzt werden können.
Raumluftqualität und Hygiene
Wichtig bei der Betrachtung von Wohnungslüftungsanlagen ist der ganzheitliche Ansatz. Alle Einflussgrößen und Systemvarianten werden in der DIN 1946 Teil 6 gemeinsam mit dem Ziel eines hygienischen Raumluftzustandes im Haus und im Aufenthaltsbereich bewertet. Der Planer und der Installateur haben mit der DIN 1946 Teil 6 ein Werkzeug, mit dem alle lufthygienischen Fragen im Kontext mit weiteren Einflussgrößen bewertet und dokumentiert werden können.
Beispielhafte Lösung
Aufbauend auf der europäischen Produktnormenreihe DIN EN 13141 Teile 1 bis 10 für Produkte der Wohnungslüftung werden in der DIN 4719 ergänzende nationale Anforderungen für besonders hygienische Geräte und Komponenten gestellt. Im Rahmen der Geräteprüfung durch unabhängige Prüfstellen werden die hygienischen Eigenschaften der Komponenten geprüft und durch die Kennzeichnung „H“ dokumentiert. Bei der Planung, Ausschreibung und Installation der Geräte ist somit die Auswahl hygienischer Komponenten einfach und für alle Beteiligten nachvollziehbar. Dies gilt für Zu- und Abluftanlagen! Damit unterscheidet sich die DIN 1946–6 positiv von anderen Richtlinien zur Hygiene in Lüftungsanlagen.Auf Basis der DIN 1946 Teil 6 kann der Fachbetrieb eine hygienisch korrekte Wohnungslüftungsanlage liefern und installieren. Vorgaben für die Abnahme- und Übergabeprotokolle machen es dem Kunden einfach, den Anlagenzustand zusammen mit dem Fachbetrieb zu bewerten. Eine entsprechende „H“-Kennzeichnung der Anlage dokumentiert, dass die erweiterten hygienischen Anforderungen eingehalten wurden. (Checkliste FGK Status-Report 9)
Reinigung und Instandhaltung
Besonders wichtig für die dauerhafte Sicherstellung einer hygienischen Wohnungslüftungsanlage ist die periodische Wartung und Instandhaltung der Anlage. In der DIN 1946 Teil 6 werden alle notwendigen Tätigkeiten und Perioden sowie die Anforderungen an die Anlagendokumentation und die Einweisung der zuständigen Personen beschrieben. Ein Wartungsvertrag mit einer Fachfirma auf Basis der DIN 1946 Teil 6 stellt sicher, dass alle notwendigen Schritte beachtet werden.
Grundsätzlich sollte das Gerät mindestens alle zwei Jahre von einer Fachfirma gewartet und bei Bedarf gereinigt werden. Alle fünf bis sechs Jahre sollte das Kanalnetz im Hinblick auf Verschmutzung überprüft werden. Bei guter Filterwartung bleiben Kanalnetze 15–20 Jahre sauber. Die kurzen Außen- und Fortluftleitungen sind gegebenenfalls öfter zu reinigen, da kein Filter eingebaut werden kann. Bei einer fachgerechten Wartung sollte darüber hinaus überprüft werden, ob der Ventilator in Ordnung ist und ob die bei Inbetriebnahme eingestellten Luftvolumenströme noch überall vorhanden sind. Dies ist insbesondere unter den Gesichtspunkten von Effizienz und Betriebskosten wichtig. Sofern eine Nutzungsänderung eintritt, macht dies ebenfalls eine Überprüfung der Einstellwerte und Betriebsweise erforderlich.
Weitere Informationen zu Hygiene, Reinigung und Instandhaltung von Wohnungslüftungsanlagen bietet das Informationsportal im FGK unter www.hygiene-wohnungslueftung.de.
Online-Tool zur Feststellung der Notwendigkeit einer lüftungstechnischen Maßnahme
Der FGK e. V. hat zur Feststellung der Notwendigkeit einer lüftungstechnischen Maßnahme in Wohngebäuden nach DIN 1946–6 ein kostenlos nutzbares Online-Tool entwickelt. Sie finden es unter folgendem Link: HIER
Quellenangabe
[1] FGK Status Report 10 – Regenerative Energien in der Klima und Lüftungstechnik
[2] Energieeinsparverordnung EnEV 2014
[3] DIN 1946 Teil 6 Lüftung von Wohnungen – Allgemeine Anforderungen zur Bemessung, Ausführung und Kennzeichnung von Lüftungsanlagen 2011
[4] FGK Status Report 9 – Hygiene in Wohnungslüftungsanlagen
[5] DIN EN 13141 Teile 1 bis 10 Leistungsprüfungen von Bauteilen/Produkten für die Lüftung von Wohnungen
[6] DIN 4719 Lüftung von Wohnungen – Anforderungen, Leistungsprüfungen und Kennzeichnung von Lüftungsgeräten Juli 2009
[7] DIN 18017 Teil 3 Lüftung von Bädern und Toilettenräumen ohne Außenfenster – Teil 3: Lüftung mit Ventilatoren Juli 2009